Spam-FM

Neulich beim Renovieren. Nach zwei Wänden wird das Streichen allmählich eintönig. Polarweiß, matt. Also klangfarbige Abtönung aus dem Radio. Das Beste aus Pop und Rock, die Größtenhitsder70er80er90erundvonheute. I werd narrisch.

Doch das Surfen auf der Gute-Laune-Popwelle ist eher ein Waten im knöcheltiefen Einheitsbrei. Eine Handvoll Hits hechelt zeitversetzt alle Frequenzen rauf und runter. Umschalten zwecklos.

Manfred aus Hanau gewinnt 50 Euro. Der Pfundskerl. Ob er sich denn freue, hakt der Moderator knallhart nach. „Ja klar, darf isch jemand grüßen?“ Na ausnahmsweise, Manfred, weil Du‘s bist.

Dann das halbstündliche „Jetzt und nur für kurze Zeit“-Geplärre: „UN-GLAUB-LICHE Rabatte, jetzt heißt es schnell sein!“ – Ja wo laufen sie denn?; „Zwanzig Prozent auf alles, außer“ – …Tiernahrung, is klar; „Die Treueprämie für Neukunden!“ – Häh?

Ein abgegriffener Jingle markiert halbherzig die volle Stunde. „Und jetzt: Alleswassiewissenmüssenausihrerregiondeutschlandundderwelt.“ Wie praktisch, dass dies umfassende Wissen locker in zwei Minuten passt.

Es folgt der beste Wetterservice, flankiert vom Biowetter. Darf nicht fehlen. Kreislauf und so. Mööp-mööp!, hier kommt der schnellste, besteste und aktuellste Verkehrsservice. „Vorsicht, das Stauende liegt hinter einer…“ – Jajaja, wo auch sonst. Seit Jahren liegt es da schon rum.

Eine Radlänge dahinter die Blitzermeldungen … „und Dank an unsere Staumelder!“ – Was wären wir ohne sie? Radfahrer womöglich? Schlimmeres gar?

Geschafft. Zur Belohnung zwei Löffel Pop-Brei. „Zuerst bei uns: Der neue Hit von Take that! Und um zehn vor halb das Wochenhoroskop!“ – Wie ich mich freue.

Nachdem Andrea aus Offenbach erfolgreich ihre Kaffeemaschine imitiert hat, staubt doch Steffi aus Koblenz tatsächlich die Tickets für Robbie Williams ab. Ein metallisches „Ju-huuuuuuu!!“ aus der Quäks-Box.

Zeit für die Werbung. Der Firmeninhaber bewirbt sein Müsli gleich selbst: „Woisch Kalle, des tut auch Deiner Verdauung gut!“ – Aaarrgh. Und wer denkt an meine Magennerven?; „Die XXL-Möbelhäuser. Die mit dem roten Stuhl.“ – Jetzt wird’s unappetitlich. Von wegen „Lecker, lecker, LECKERleckerlecker!“ Das ist schon nicht mehr grenzdebil.

Dann das Unausweichliche: „Tim aus Rostock singt den Bratmaxe-Song“. Wie süß. Hey Tim, soll ich Dir zeigen, wie man mit einfachsten Mitteln einen wirkungsvollen Knebel bastelt? Ich hätte hier zufällig Klebeband und zerknülltes Papier…

Klick.

Farbrolle eintauchen, abstreifen, abrollen. Aaaah, diese Stille.

Erschienen im Darmstädter Echo