Silbent-Rennung
Zugreifen, überall diese Zugreifen. In Zeitungsanzeigen und Werbebeilagen täglich millionenfach angepriesen, misslicherweise immer ohne Abbildung: „Jetzt Zugreifen!“. Hat eigentlich mal jemand nachgefragt, wer all diese Zugreifen kauft? Die Bahn?
Keinem Menschen scheint das aufzufallen. Ebenso wenig Überschriften wie diese: „Regierung folgt Empfehlung des Ethikrates“. Wer aber ist dieser Ethikrates? Ein Gelehrter griechischer Abstammung, muss der Leser vermuten. Aufklärung täte not. Doch ein Porträt dieses offensichtlich einflussreichen Regierungsberaters sucht der interessierte Leser (blatt)weit und (seiten)breit vergebens.
An anderer Stelle findet sich ein Porträt. Völlig misslungen. Über den verdienten Karnevalisten heißt es im Untertitel: „Vereinsamt aufgegeben“. Im Bild ein ernst dreinschauender älterer Herr in Gardeuniform. Als sei das alles nicht schon schlimm genug, wird im Text kein Wort mehr über das beiläufig angedeutete tragische Schicksal des traurigen Narren verloren. Dass er offenbar von seinen Mitmenschen isoliert und in den Suizid getrieben wurde, ist dem Autor keine Zeile wert. Stattdessen: Auszüge aus Büttenreden. Im Nachruf! Pietätlos.
Unverständlich auch die Platzierung eines an Bulimie- und Magenkranke gerichteten Imperativs: „Erbrecht gebeugt!“. Und wo wird dieser im Fall der Fälle so nützliche Tipp veröffentlicht? Auf der Medizinseite? Auf den Jugendseiten? Falsch: im Wirtschaftsteil. Bis die Zielgruppe ihn dort gefunden hat, sind die Klamotten doch längst eingesaut.
Erschienen im Darmstädter Echo